Arbeitsalltag

Frolleg:innen – noch Kolleg:innen oder schon Freund:innen?


Zwei Kolleg:innen arbeiten freundschaftlich zusammen.

In einem Vollzeitjob verbringen wir ein Drittel jedes Wochentages mit Arbeit. Angenehme Kolleg:innen zu haben, ist dabei ein Stück Lebensqualität. Und bei soviel gemeinsamer Zeit, gemeinsamem Stress oder erreichten Erfolgen entstehen ab und zu sogar gute Freundschaften. Dass man nicht mit allen Kolleg:innen befreundet sein kann und will, ist aber auch völlig normal in Ordnung – oder? In diesem Beitrag gehen wir dem Thema Frolleg:innen auf den Grund: Worauf kannst du achten, wenn Kolleg:innen zu Freund:innen werden und wie gehst du mit Menschen um, die du magst – aber nicht zwingend ins Private mitnehmen willst.

Wenn Kolleg:innen zu Freund:innen werden.

Wenn sich am Arbeitsplatz eine Freundschaft entwickelt, ist das grundsätzlich eine gute Sache. Es macht deinen Arbeitstag schöner, und gerade stressige Phasen lassen sich besser bewältigen, wenn alle Beteiligten sich mögen und vielleicht auch um die eigenen Herausforderungen wissen. Emotionale Belastung, wie eine Trennung oder ein krankes Kind, können sich auf deine Arbeit auswirken – wie wohltuend ist es dann, wenn die Kolleg:in dir mit einem mitgebrachten Croissant ihr Mitgefühl ausdrückt oder einen Anruf nicht durchstellt, weil sie weiß, wie du dich gerade fühlst. Umgekehrt springst du auch mal ein, wenn der Kolleg:in etwas durchgerutscht ist.

Unter idealen Bedingungen kann Freundschaft am Arbeitsplatz eine Win-win-Situation für alle sein, schließlich profitiert auch die Arbeitgeber:in, wenn die Mitarbeitenden sich wohlfühlen.

Frolleg:innen sind nicht automatisch beste Freund:innen.

Zwei lachende Frauen sitzen auf einer Ledercouch und schauen sich etwas auf einem Tablet an.

In vielen Firmen wird die freundschaftliche Atmosphäre sogar gefördert oder gilt als Aushängeschild in Jobausschreibungen. Team-Events, einen Kickertisch für die lockere Auszeit zwischendurch oder Lunch-Roulette, um neue Kolleg:innen kennenzulernen – gerade in der Agentur- und Medienbranche herrscht oft ein besonders freundschaftlicher Ton, der für Neulinge auch irreführend sein kann.

Denn anders als in einer reinen Freundschaft im Privatleben gibt es bei der Arbeit jede Menge Hindernisse, an denen das freundschaftliche Miteinander auf die Probe gestellt wird oder der Unterschied von Frolleg:innen zu Freund:innen deutlich wird.

Sachlich bleiben, Abgrenzung üben.

Was tun, wenn du den Schreibtisch voll hast und die Kolleg:in will dir schon wieder ihr Herz ausschütten? Oder der Kolleg:in unterlaufen in der Zusammenarbeit immer wieder Fehler, du willst sie aber nicht darauf ansprechen? Hier hilft langfristig nur freundliche Sachlichkeit. Besinne dich auf eure gemeinsamen Arbeitsziele, die ihr trotz aller Vertraulichkeit erreichen wollt und formuliere das auch so. Nutze die Chance, um dich in wohlwollender Abgrenzung zu üben, dabei bleibst du freundlich und wertschätzend.

Ein Beispiel: „Ich bin gerade unter Zeitdruck und würde dir viel entspannter zuhören, wenn ich die Abgabe hinter mir habe. Lass uns doch morgen zusammen Mittag machen.“ Oder „Mir ist das mit der falschen Formatierung auch mal passiert, ich habe mir dann ein Memo mit Checkliste dafür angelegt – willst du das nicht auch mal probieren? Wir wären dann gemeinsam noch effektiver.“

Freundschaft – nicht erzwingen, sondern wachsen lassen.

Während wir mit fünf Jahren noch innerhalb von Minuten Freundschaften mit einem Lolli besiegelt haben, braucht eine gute Freundschaft unter Erwachsenen meist Zeit und geteilte Erfahrung. Die Erwartungen an Freundschaften am Arbeitsplatz nicht zu hoch zu hängen, bewahrt dich deshalb vor Enttäuschungen. Gerade wenn du neu in ein Kollegium kommst, in dem alle vermeintlich die besten Freund:innen sind, mache dir keinen Druck sofort dazuzugehören. Es handelt sich erstmal um Kolleg:innen – lasse dir und den anderen Zeit, höre zu und beobachte.

Wie sind die Gepflogenheiten in der Mittagspause? Treffen sich die anderen nach Feierabend noch auf einen Drink oder zum Sport, oder beschränkt sich das freundliche Geplänkel doch auf den Arbeitsplatz? Wenn du es einrichten kannst, nimm eine Einladung zum Feierabend-Drink gern an und zeige deine Bereitschaft, dich zu öffnen. Gerade als Neuzugang im Team kann es sich lohnen, am Anfang viel mit den Kolleg:innen zu unternehmen, wenn diese es anbieten. Du gibst ihnen die Möglichkeit, dich kennenzulernen und einzuordnen und erfährst gleichzeitig viel über die ungeschriebenen Regeln des Miteinanders. Ist ein Level an Vertrauen einmal da, kannst du Lunch- und Feierabendtermine auch wieder reduzieren, wenn es dir zu viel wird. Mit der Zeit entwickeln sich Sympathien ganz von selbst – und wenn nicht, nimm es sportlich. Du hast schließlich auch noch ein Privatleben.

Was tun, wenn du dich ausgeschlossen fühlst?

Hast du den Eindruck, alle anderen sind gut befreundet und nur du bleibst Kolleg:in? Solange es eure Zusammenarbeit nicht beeinträchtigt, es kein Getuschel oder gar Mobbing gibt, ist es ratsam, die Situation einfach zu akzeptieren und sich weiterhin korrekt und kollegial zu verhalten. Signalisiere weiterhin Offenheit, bleibe hilfsbereit und freundlich. Vielleicht kommen mit der Zeit einzelne Kolleg:innen auf dich zu oder es ergeben sich gute Kontakte in andere Teams.

Wie umgehen mit einseitiger Freundschaft?

Wo die Grenze zwischen Frolleg:innen und Freund:innen verläuft, lässt sich manchmal schwer sagen und kann durchaus unterschiedlich empfunden werden. Ihr habt bei der Arbeit wirklich Spaß, teilt viel Privates und entdeckt immer mehr Gemeinsamkeiten? Das verbindet und beflügelt auch die Zusammenarbeit. Dass ihr deshalb zwangsläufig auch außerhalb der Arbeit Zeit miteinander verbringt, ist damit aber nicht gesagt. Wie also umgehen mit der Einladung ins Private?

Möglicherweise hast du gar keinen Platz für neue Freundschaften oder einfach das Bedürfnis, nach der Arbeit den Kopf freizuhaben und dich mit anderen Themen zu beschäftigen? Bevor du nun die Kolleg:in nun mit der Wahrheit vor den Kopf stößt und mit einer Kränkung womöglich eure gute Zusammenarbeit ins Wanken bringst, darf eine Notlüge her: Familiäre Verpflichtungen, ein zeitintensives Hobby oder schlicht ein sehr voller Terminkalender sollten das Thema diplomatisch regeln. Umgekehrt sei nicht zu enttäuscht, wenn eine Kolleg:in nicht auf deine Vorschläge reagiert. Freue dich an der guten Zusammenarbeit und akzeptiere das Bedürfnis der anderen auf Privatsphäre. Versuche, die Abgrenzung nicht persönlich zu nehmen, schließlich habt ihr eine gute Zeit bei der Arbeit und das ist viel wert.

Frolleg:innen und Hierarchieunterschiede.

Zwei Frauen sitzen im Büro an ihren Computern und lachen fröhlich.

So schön eine Freundschaft am Arbeitsplatz sein kann, so sehr wird sie unverhofft auf die Probe gestellt, wenn eine von beiden befördert wird. Wettbewerb und Konkurrenz lassen sich auch unter Frolleg:innen nicht weglachen. Offene Kommunikation und ein ehrlicher Umgang mit Gefühlen ist der ideale Umgang damit; einen Hierarchieunterschied sportlich zu nehmen, ist die Königsklasse. Das kann aber auch bedeuten, dass deine beförderte Frolleg:in jetzt nicht mehr alles mit dir teilen kann, oder du selbst als Vorgesetzte:r alle Teammitglieder fair behandeln musst, auch wenn dir einige näher sind als andere. Hier gilt es, unbedingt professionell zu bleiben. Sei dir der Rollenunterschiede bewusst und sprich sie offen an.

Gerade bei Mitarbeiter:ingesprächen kann es hilfreich sein, zu differenzieren: „Als deine Freundin verstehe ich dich, als deine Teamleitung möchte ich dir sagen ... “ Vielleicht hält nicht jede Freundschaft so ein Gefälle aus, eine wirklich gute aber wird daran wachsen.

Klatsch und Tratsch unter Frolleg:innen.

Ein bisschen Klatsch und Geplänkel gehört in jede Kaffeeküche oder in jeden Online-Chat und ist menschlich. Bist du neu in einem Kollegium, lasse dich aber nicht mitreißen von aufgeregtem Geschnatter, du weißt schließlich noch nicht, wie die Frolleg:innenverbindungen innerhalb der Firma verlaufen. Davon abgesehen gehören Lästereien nicht auf die Liste kollegialen Verhaltens und echte Konflikte werden durch Tratsch nicht besser. Vermeide es, persönliche und private Dinge über dich oder erst recht andere in der Kaffeeküche zu streuen und hebe dich lieber durch Diskretion hervor. Bleibe in diesen Situationen aufmerksame Zuhörer:in und tausche dich über Persönliches lieber unter vier Augen aus.